2x Training pro Woche ausreichend?

Ist es möglich, mit nur 2 Trainingseinheiten pro Woche seine Ziele zu erreichen und bedarf es hierfür besonderer Voraussetzungen? Die Antworten auf diese Fragen lieferte uns Harry, der mit seinem Trainingskumpel entsprechende Erfahrungen machte.

Testbericht

Jeder kennt einen anderen, der nahezu täglich Sport macht. Sei es der Nachbar, der sich jeden Tag bereits vor dem Frühstück in die Laufschuhe begibt oder der Arbeitskollege, der in der Mittagspause oder gleich nach Feierabend direkt ins Gym fährt. Die Gründe hierfür sind sehr individuell. So geht es einem Großteil der hobbymäßig Trainierenden um tatsächliche Fitness für den Alltag, also mehr Ausdauer, Beweglichkeit, Koordination. Ein weiterer, auch relativ großer Anteil strebt einen Muskelaufbau an. Und dann gibt es da noch die, die abnehmen wollen. Doch wie oft muss ich dafür Sport machen? Reicht es denn, wenn es mir nur zweimal in der Woche dafür reicht?

Ich bin jetzt 49 Jahre alt und trainiere im Gym seit knapp 30 Jahren. Davor und noch in die Gym-Anfänge hineinreichend habe ich jahrelang Kampfsport betrieben. Zwischenzeitlich dürfte ich mit so nahezu allen Trainings- und Ernährungsvarianten in Kontakt gekommen sein, primär wie auch sekundär, und glaube daher, dass ich durchaus in der Lage bin, hier eine Antwort liefern zu können, die für die Masse der Trainierenden zutreffend sein kann. Und die Antwort biete ich bereits vorneweg: ja, es ist möglich, mit zwei Trainingseinheiten pro Woche persönliche Ziele im Amateurbereich zu erreichen. Allerdings nur dann, wenn Du auch bereit dafür bist… Was ich damit meine, erkläre ich Dir:

Zunächst steht einmal das Ziel selbst, gefolgt von Deinen physischen und psychischen Voraussetzungen, diese überhaupt erreichen zu können. Das bedeutet zum einen, dass Dein Ziel tatsächlich auch erreicht werden kann und Du Dir der Voraussetzungen dafür im klaren sein musst. Nehmen wir das Krafttraining für den Masseaufbau: ist Dir bewusst, dass Du sehr wahrscheinlich nicht wie Arny in seinen Glanzzeiten aussehen wirst? Oder wärst Du dazu bereit, die hierfür erforderlichen Risiken in kauf zu nehmen? Auch finanziell? Wer nämlich glaubt, dass Arnys damalige Konstitution alleine dem Herumwuchten einer Langhantel geschuldet ist, der irrt. Mal völlig weg davon, dass es auch einer gottgegebenen genetischen Veranlagung bedarf: ohne dem richtigen Stoff, der Konzentration und Härte im Training, aber auch in den Erholungszeiten sowie einer einwandfreien Ernährung wird das nämlich nichts. Daher oberstes Gebot: Dein Ziel muss auch erreichbar sein. Und zwar durch Dich! Schau nicht danach, wie sich andere entwickeln. Deine Konzentration muss komplett bei Dir liegen. Wenn Du das nicht hin bekommst, ist es egal, wie oft und intensiv Du trainierst – Deine Grenze sitzt bereits in Deinem Kopf fest…

Gehen wir den nächsten Schritt: bist Du gewillt und in der Lage, die Rahmenbedingungen zu schaffen, um Deinem Ziel näher zu kommen? Gönnst Du Dir erforderliche Ruhezeiten und Schlaf? Ernährst Du Dich weitestgehend so, wie Du dich ernähren solltest? Wie sieht´s mit Mineralstoffen und Vitaminen aus? Besteht ein Defizit und gibt es einen Grund dafür, bzw. lässt der sich beseitigen? Das bedeutet: wenn Du mehr wert darauf legst, mit Deinen Kumpels die Nächte durchzumachen, Deine Abendmahlzeit aus drei Weizenbieren besteht oder Du die Gründe für regelmäßige Erschöpfungszustände nicht erforschen willst, spar Dir das Geld für´s Gym und fang erst damit an, wenn Du wirklich bereit dafür bist; es sei denn, Du tust es nur des guten Gewissens wegen…

Und noch ein letzter Schritt: bist Du mit den grundlegenden Übungen vertraut, die Dich deinem Ziel näher bringen können? Kennst Du jemanden, der sich wirklich damit auskennt oder hast Du Dein „Wissen“ von irgendwelchen Influenzern abgeschaut? Bist Du koordinativ schon so weit, dass es keiner unmittelbaren Trainerbetreuung mehr bedarf, ohne dass Du dich verletzen wirst? Denn: je kürzer die Trainingseinheiten, desto intensiver müssen diese sein. Das erhöht das Verletzungsrisiko um ein vielfaches. Daher gilt: wenn Du noch eher in den Anfängen steckst, geh lieber täglich ins Gym und lerne Deinen Körper zu fühlen; ohne Risiko und mit überschaubarer Intensität. In kurzer Zeit viel zu erreichen kann nur funktionieren, wenn es Dein Körper auch zulässt. Das bedeutet: sei bereit, den gesunden Weg zu gehen und die hierfür erforderlichen Schritte zu erlernen. Daran ändert auch die meist planlose Zugabe von Steroiden nichts. Ja, die machen Dich erstmal stärker und auch breiter. Dazu kommen die Schmerzen in den Schultern und den Handgelenken sowie den Knien. Also: erst lernen, dann anwenden…

So, nun meine Erfahrungen zum eigentlichen Thema:

Auch ich habe anfänglich sehr häufig trainiert. Das war noch beim Kampfsport. Und ich war noch jung und ahnungslos. Allerdings hatte ich auch sehr gute Fortschritte in allen Bereichen des Kampfsports. Dann erfuhr ich sowohl beruflich als auch privat einen Ortswechsel, um bedauerlicherweise festzustellen, dass ich den so geliebten Kampfsport nicht mehr in der Intensität würde fortführen können, was mich schließlich in ein Gym trieb. Da hatte ich eigentlich noch gar keine echten Vorstellungen, was ich da erreichen will; es sollte lediglich als „Ergänzung zum Kampfsport“ dienen.

Aus anfänglich 2-3 Krafttrainingseinheiten pro Woche und einem Anfänger-Trainingsplan, den ich gehorsam befolgte, wurden bald 5 Trainingseinheiten, in denen die Trainingspläne den Trainingsvorstellungen von neu kennengelernten, aber erfahreneren Trainingspartnern wich. Mit einem davon freundete ich mich derart an, dass wir nicht nur zusammen trainierten, sondern auch dann zusammen aßen, sobald es möglich war. So ging es sehr schnell, dass ich von zunächst ca. 75 Kg Körpergewicht auf 85 Kg steigern konnte. Auch meine Kraft schnellte enorm in die Höhe. So entschied ich sehr bald, dass ich mich im, jetzt Body-Building so wohl fühlte, dass ich das Kampfsporttraining stark reduzierte und schließlich ganz einstellte.

Wie sah nun mein Training aus? Nun, da ich ja an 5 Tagen pro Woche trainierte, konnte ich auch mit einem 5er Split an das neu gesetzte Ziel „Masseaufbau“ gehen. Da es hierfür unabdingbar ist, mit hohen Widerständen zu trainieren, sah der 5er Split folgendermaßen aus, ohne konkret auf die einzelnen Übungen einzugehen:

  • Tag 1: Brust
  • Tag 2: Rücken
  • Tag 3: Beine und Bauch
  • Tag 4: Schultern
  • Tag 5: Arme

Jede Trainingseinheit umfasste mehrere Übungen, wobei die jeweilige Grundübung mit ca. 5 Sätzen und die darauffolgenden Übungen mit jeweils 3-4 Sätzen ausgeführt wurden. Die Wiederholungszahlen lagen hier meist im Bereich zwischen 5 und 12 Wiederholungen, bei ca. 2-3 Minuten Pause zwischen den Sätzen. Der gesamte Trainingsumfang dauerte etwas über eine Stunde, gefolgt von einer gehaltvollen Mahlzeit und einem Protein-Shake.

Das war der Standard. Es gab nur wenige Zyklen, in denen etwas abgewichen wurde. Dann aber auch nur in den Wiederholungszahlen. Ob und warum das sinnvoll sein konnte, war mit damals nicht bewusst und auch egal; ich fügte mich dem Training der kleinen Gruppe und hatte im Training nur ein Ziel: mehr zu schaffen wie die anderen 😉

Ja, ich wurde stärker und auch massiger. Ab ca. 90 Kg Körpergewicht dann aber deutlich langsamer wie zuvor. Auch kamen Phasen, in denen ich Schmerzen an der Handgelenksaußenseite hatte und dann auch im vorderen Schulterbereich (Bizpessehne). Als ich mir dann im Sprunggelenk bei einer Drehbewegung alle Bänder abgerissen hatte und nachvollziehen konnte, dass es sehr wahrscheinlich die 250-Kg-Kniebeugen waren, die die Bänder im Sprunggelenk überfordert hatten, ging ich sehr viel bewusster an die Sache und hinterfragte vieles. So unter anderem auch, ob es nicht auch ein Minimum gibt, das für Hobbyzwecke ausreichend ist. Also ein Minimum sowohl an Trainingsaufwand wie auch erforderlichen Widerständen und Sätzen…

Das ist nun fast 20 Jahre her. Genug Zeit, um in jeder Richtung zu experimentieren. Nicht zuletzt haben aber auch private Ereignisse dazu geführt, dass ich seit ca. 4 Jahren an nur noch 2 Einheiten pro Woche trainiere und auch mein Trainingskumpel, der nach längerer Krankheitsphase vor 2 Jahren wiedereingestiegen ist, das so mitmacht. Hierbei wechseln wir regelmäßig die Methoden und die Ziele. Es bleibt festzustellen, dass es uns nach wie vor möglich ist, mit nur 2 Trainingseinheiten pro Woche in der Massephase Masse aufzubauen, in der Definitionsphase diese Masse deutlicher hervorzubringen und in der Kraftaufbauphase auch stärker zu werden.

In der Masse- und Kraftaufbauphase splitten wir das Training und trainieren an einem Tag „Brust, Schultern, Trizeps und Bauch“ und am anderen Tag „Beine, Rücken, Bizeps und Unterarme“, mit jeweils maximal zwei Übungen pro Muskelgruppe, wenigen aber hochintensiven Trainingssätzen und einer Gesamtdauer von ca. 1,5 Stunden. Welche Übungen hierbei zum Zuge kommen, entscheiden wir intuitiv und in Abgleich mit dem zurückliegenden Training gleicher Muskelgruppen. Die Übungen absolvieren wir, nach dem „Warmmachen“, mit grundsätzlich gleichbleibenden Widerständen und bauen hier Methoden zum Erreichen völliger Erschöpfung mit ein. Die Pausenzeiten sind mit ca. 1 Minute zwischen den Sätzen eher kurz.

Die Definitionsphase führen wir an den 2 Trainingstagen als Ganzkörpertrainingseinheiten durch. Hierbei kombinieren wir je eine Übung für zwei Muskelgruppen und führen diese für (anfänglich 4) 6 Sätze ohne Pause im Wechsel aus; der Widerstand wird hierbei so gewählt, dass es für 6-10 Wiederholungen reicht. Das ist insgesamt äußerst intensiv und sorgt nicht selten für extreme Schweißausbrüche 🙂 Die Gesamtdauer liegt anfänglich noch bei knapp 60 Minuten (weil der Kreislauf noch nicht so ganz durchhält), lässt sich dann aber bis auf ca. 45/50 Minuten verkürzen. In der Höchstphase durchlaufen wir in diesen 45 Minuten bis zu 84 Trainingssätze! Das erfordert einen extremen Willen und lässt es nicht zu, sich zu unterhalten…

Die Antwort, warum das Ganze mit nur 2 Trainingseinheiten funktioniert, erklärt sich eigentlich von selbst, wenn man sich die Masse der Trainingsplanungen mal so anschaut. Dabei ist es egal, ob ich hier den Trainingsplan eines Fitnesstrainers oder einen aus einer Body-Building-Zeitschrift nehme. Denn alle berücksichtigen eine Sache, die wir bisher noch nicht angesprochen haben: die zu berücksichtigende Erholung, um eine Steigerung überhaupt zu ermöglichen („Superkompensation“).
Als hervorragendes Beispiel nehme ich jetzt einfach einmal einen Marathon-Läufer. Wenn der über 42 Kilometer am Stück gelaufen ist, ist er platt. Vielleicht wird es ihm möglich sein, nach 4 oder 5 Tagen einen weiteren Marathon zu laufen. Allerdings ist zweifelhaft, dass er hierbei die zuvor geschaffte Zeit unterschreiten kann. Klar ist, dass der Läufer sich komplett kaputt macht, wenn er täglich oder jeden zweiten Tag einen Marathon läuft. Er wird sich also nicht einfach nur nicht mehr steigern können, sondern eher sogar immer schlechter werden. Das liegt schlichtweg daran, dass einer Belastungsphase (Trainingsreizsetzung) zunächst ein Tief folgt, aus dem man noch relativ schnell wieder herauskommt. Um jedoch von der vorherigen Belastungsphase zu profitieren, muss ich noch etwas mehr Zeit ruhen, da der menschliche Organismus geneigt ist, einen Weg zu finden, die vorherige Belastung beim nächsten mal einfacher bewältigen zu können (Trainingserfolg).

Im Krafttraining bedeutet das, über die reine Muskelfunktion hinaus auch den gesamten Komplex zu betrachten, sprich: Bänder, Sehnen, Gelenke.

Das Ergebnis sehen wir in den Trainingsplanungen: in der Regel trainieren wir jede Muskelgruppe ohnehin nur einmal in der Woche. Zumindest in der Masse- und/oder Kraftaufbauphase. Spielt es dabei nun eine Rolle, ob wir das an 5 oder an nur 2 Tagen tun?

Ja und nein! Denn alles entscheidend sind die ganz am Anfang erwähnten Grundsätze. Um an 2 Tagen ausreichend Trainingsreize setzen zu können, braucht es nicht nur den Willen sondern auch die Fähigkeit, mit den wenigen Übungen und Sätzen ein absolutes Maximum an Intensität zu erreichen. Sobald diese Voraussetzungen gegeben sind, kannst Du dich Deiner mehrgewonnen Mehrfreizeit widmen 🙂

Fazit

Abschließend lässt sich also zusammenfassen, dass es zwar möglich ist, an nur 2 Trainingstagen pro Woche Ziele zu erreichen. Allerdings verlangt dies Fähigkeiten, die Anfänger und Beginner sich erst aneignen müssen; aber da mussten wir alle durch. Mein Rat: hab Geduld und hör auf die, die Ahnung haben! Schau weniger ominöse „Transformations“-Videos, sondern lerne Deinen Körper zu fühlen und seine Leistungsfähigkeiten kennen. Wenn Du mit dem Gedanken spielst, Dir deinen Weg mit teueren Mittelchen abzukürzen, dann behalte im Hinterkopf, dass Dich diese Mittelchen nicht fähiger machen 😉

Zum Tester

Harry hat sich sehr gut selbst beschrieben und auch die weiteren Informationen beigetragen, so dass dem nichts mehr hinzuzufügen wäre 🙂

Kommentar von fitXplore

Auch wenn Harry´s Bericht sehr ausführlich war, so bleibt er doch die ein oder andere Antwort schuldig. Zum Beispiel wäre es sehr interessant gewesen, auch zu erfahren, mit welchen Methoden es möglich ist, ein Maximum an Intensität herauszukitzeln. Harry hat uns versichert, dass er hierzu bald beitragen wird. Bis dahin musst Du aber nicht warten: scheu Dich nicht davor, Fragen zu stellen. Nutz dafür idealerweise die Kommentarfunktion, da Du ganz sicher nicht der einzige sein wirst, der die Fragen hat 😉

Berücksichtige bitte, dass wir Kommentare vor Veröffentlichung prüfen und es daher zu Verzögerungen kommen kann.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Neueste Beiträge

Social media & sharing icons powered by UltimatelySocial
error

Folge uns gerne via